Manifest für eine Schule die Brücken baut!

In Luxemburg zeigt die Schule heute zwei Gesichter. Auf der einen Seite steht die nationale Schule mit ihrer dreisprachigen Tradition: Luxemburgisch, Deutsch, Französisch. Auf der anderen Seite wachsen die internationalen Schulen, organisiert nach dem Modell der Europäischen Schulen. Zwei Systeme. Zwei Welten. Doch eine zentrale Frage bleibt: Welche Zukunft wollen wir für unsere Kinder? Dieser Frage geht Gaston Ternes in dieser Carte blanche nach. carte blanche.

Das Nebeneinander von nationalen und internationalen Schulen spiegelt die Realität des Landes wider: Mehr als die Hälfte der Einwohner hat heute keine luxemburgische Staatsangehörigkeit. Viele Familien bleiben nur für kurze Zeit im Land. Internationale Schulen bieten hier Sicherheit und Kontinuität.

Doch das Bild ist komplexer. Die nationale Schule ist längst nicht mehr dreisprachig, sondern viersprachig: Englisch spielt eine immer größere Rolle, und die Jugendlichen stehen vor hohen Anforderungen in vier Sprachen. Gleichzeitig sprechen immer mehr Kinder zu Hause weder Luxemburgisch noch Französisch oder Deutsch. Was als Reichtum gilt, kann schnell zur Barriere werden, wenn Sprache das Lernen erschwert.

Die Gründung weiterer internationaler Schulen ist eine direkte Antwort auf konkrete Bedürfnisse. Doch schaffen wir damit nicht zwei Systeme, die immer weiter auseinanderdriften?

Morgen begegnen sich junge Menschen in Betrieben, Institutionen und Vereinen. Doch finden sie dann noch eine gemeinsame Sprache?

Wir stehen heute an einem Scheideweg. Lassen wir beide Systeme einfach nebeneinander weiterlaufen? Oder haben wir den Mut, eine gemeinsame Vision zu entwickeln – eine Schule, die Brücken baut?

Wir brauchen Schulen, in denen Kinder aus beiden Systemen miteinander lernen und kulturell zusammenwachsen. Es geht nicht darum, die internationalen Schulen abzuschaffen oder die öffentlichen Schulen zu kopieren, oder ein System schlechtzureden. Nein – es geht darum, die aktuelle Trennung aufzubrechen: Partnerschaften zwischen Schulen zu schaffen, Schüleraustauschprogramme zu fördern, gemeinsame Lernressourcen und große Teile des Curriculums abzustimmen. Mathematik, Naturwissenschaften, Sport, Kunst oder Musik könnten ohne großen Aufwand harmonisiert werden. Beide Seiten könnten von den pädagogischen Ansätzen der jeweils anderen lernen. Jugendliche aus beiden Systemen könnten online zusammenarbeiten.

Vor allem aber gilt es, die Mobilität zwischen beiden Systemen konsequent auszubauen – ohne Brüche, ohne Nachteile. Dafür braucht es klare Regeln, wie Fächer wechselseitig anerkannt werden. Es sollen Brücken entstehen – in beide Richtungen – mit Übergangsphasen oder Übergangsjahren.

Doch es geht um mehr als nur um Bildung. Es geht um den sozialen Zusammenhalt unseres Landes. Schule ist nicht nur ein Ort des Lernens. Sie ist das lebendige Herzstück unserer Gesellschaft. Sie soll ein Raum sein, in dem Kulturen sich begegnen. Hier sollen Kinder nicht nur für sich lernen, sondern auch miteinander und voneinander.

Die Zukunft wird in der Schule geschrieben. Nicht morgen, nicht übermorgen – sondern heute.